Sonntag, 19. Februar 2012

Der Kandinsky im Eckschrank

Da meine zweitbessere Hälfte und ich berufstätig sind, widmen wir uns der Wohnungsreinigung am Wochenende wenn möglich gemeinsam. Meine Frau hat dazu ein ausgeklügeltes System der farbigen Reinigungsutensilien erstellt, in das sie mich vor einigen Jahren eingeweiht hat. Mit dem weißen Textil wird dies gereinigt, das gelbe ist für jenes gedacht, und daran reihen sich noch einige weitere Farben an. Zugegeben, es hat eine Weile gedauert, bis ich das alles verinnerlicht hatte, aber ich war erfolgreich. Und selbstverständlich haben die besagten Utensilien auch einen definierten Platz. Dann geschah das Unheil.
Es ist Wochenende, wir starten wieder unsere wöchentliche Reinigungsaktion. Ich öffne die Tür, um die Reinigungstücher zu nehmen, und nichts ist da. Einfach weg. Sofort unterstelle ich meiner zweitbesseren Hälfte eine gewisse Böswilligkeit. Oder will sie mich einfach nur testen? Hat sie umgeräumt und es mir nicht erzählt? Noch schlimmer, sie hat umgeräumt, sie hat es mir erzählt, und ich habe nicht zugehört! Wie auch immer, sie hat mich eiskalt erwischt. Verschämt gucke ich um die Ecke und verspüre sofort ein Schuldgefühl. Ganz zu unrecht, wie sich danach herausstellt, denn die Utensilien wurden nur ihrerseits wieder einer Reinigung unterzogen. Ich müsse die Sachen nur aus unserem Eckschrank nehmen. Aber das ist auch nicht besser, denn dieser Eckschrank hat es in sich. Meine Frau bezeichnete es treffend:

Dieser Eckschrank sei mein persönliches Bermuda-Dreieck.

Dagegen kann ich nicht einmal etwas sagen. So wie sich im Bermuda-Dreieck sicherlich allerlei Zeug stapelt, von Segelboten, Flugzeuträgern bis zu Containerschiffen, stapelt sich in meinen Augen alles in diesem besagten Eckschrank. Nun gut, ein Segelbot oder Containerschiff sind mir dort noch nicht begegnet, aber ich finde mich dort dennoch nicht zurecht. Öffne ich den Schrank, sehe ich nur eine bunte Fläche, ein abstraktes Bild eines durchgeknallten Künstlers. Ich nehme mir durchaus Zeit, um die gesuchten Gegenstände zu finden, schließlich möchte ich mir gegenüber meiner Frau nicht gleich eine Blöße geben, aber meistens ist es nur ein Verzögern des Unausweichlichen, das Eingestehen des Versagens. Meine Angetraute hingegen öffnet den Schrank, greift rein und hat mit einem Griff alles, was ich gefühlte Stunden gesucht habe.

Ich verstehe es bis heute nicht.


2 Kommentare:

  1. Wie wahr, wie wahr, ich hatte ja schon gemutmaßt, dass das "Nichtauffinden von Dingen in diversen Schränken" eine Methode ist, der Ehefrau auf subtile Weise nahe zu bringen, dass es sich nicht lohnt, den Mann mit irgendwelchen unangenehmen Aufgaben jedweder Art zu betreuen. Putzutensilien, Geschirr und Besteck, Dinge aus dem Eis- oder Kühlschrank, gar aus dem Keller...müsste sie ja eh erst selbst hervorholen, und da ist die halbe Arbeit doch sowieso schon erledigt, dann kann Frau auch noch den Rest machen.
    Aber so, wie du es jetzt beschreibst... vielleicht ist ja doch was dran, am männlichen Erkennungsdifferenzierungsdefizitsyndrom.... EDDS halt!

    Lieben Gruß
    Gabi

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich gehe davon aus, daß es schon viele Männer gibt, die sich wirklich bemühen. Aber wenn zuviele Reize aus unterschielichen Richtungen auf uns einwirken, muß man einfach mit uns mehr Geduld haben. Wir sind eben Jäger ;)

      Löschen